Spaß mit Flaggen, Folge #1

- habe auf die Schnelle mal ein paar Infos zusammengetragen:
- der Adler wird seit der Salierzeit (10.-12. Jahrhundert) als Zeichen der Reichsgewalt geführt
- seit dem frühen 13. Jahrhundert wird er als einköpfiger ungekrönter schwarzer Adler auf goldenem Grund dargestellt
- seit dem späten 13. Jahrhundert auch als Doppeladler
- seit Kaiser Sigismund (1410-1437) war es üblich, dass der römische König den einköpfigen Adler führte und der Kaiser den Doppeladler
- neben den königlichen/kaiserlichen Symbolen gab es noch eine Reichsfahne in den Farben Rot-Weiß (konkret ein weißes Kreuz auf rotem Grund), die als Heerfahne in Reichskriegen durch den König oder Befehlshaber geführt wurde
- viele derjenigen Städte, die zunehmend auf Unabhängigkeit von territorialfürstlicher Herrschaft pochten und sich dem Schutz des Reiches unterstellten (Reichsunmittelbarkeit), haben diese Farben (Rot-Weiß) in ihre Stadtfarben übernommen
- als Frankfurt ab 1220 mehr Selbstständigkeit gewann, wurde ein besonderer Reichsschultheiß (als Vertreter der Reichsgewalt) eingesetzt, der zu dieser Zeit den einköpfigen Königsadler in seinem Amtssiegel führte
- in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts konstituierte sich in Frankfurt ein Rat mit wachsendem Machtanspruch der Bürger gegenüber dem König, ab 1311 standen zwei Bürgermeister an der Spitze der Stadtgemeinde. 1372 erwarb Frankfurt das Reichsschultheißenamt, aus dem somit ein Stadtschultheißenamt wurde, womit sich die Stadt von einer königlichen Stadt zu einer freien Reichsstadt entwickelte
- von da an begann Frankfurt mit der Führung eines städtischen (nicht königlichen) weißen Adlers, der aber gekrönt war
- die Quellenlage gerade zu dieser Zeit (Ende 14., Anfang 15. Jahrhundert) ist dürftig und auch etwas widersprüchlich:
- der Chronist Latomus berichtet im 16. Jahrhundert, dass Frankfurt in der Schlacht bei Eschborn (1389) einen schwarzen Adler geführt habe
- der weiße Adler auf rotem Grund ist um 1400 wiederholt bildlich oder figürlich belegt (z.B. Schlussstein des 1410 erbauten Nürnberger Hofes an der Braubachstraße)
- von der Amtstracht der Frankfurter Ratsoberen gibt es eine Abbildung von 1439 mit einem schwarzen Adler und von 1440 mit einem weißen Adler
- die drei Gemälde von der Schlacht bei Eschborn zeigen einen weißen Adler auf rotem Grund sowie einen schwarzen Doppeladler auf rotem Grund
- dazu bemerkt der erwähnte Chronist Latomus, dass der schwarze Adler nach der Niederlage in der Schlacht von den Frankfurtern durch einen weißen Adler habe ersetzt werden müssen. Von einigen späteren Historikern wurde aber ein Zusammenhang zwischen der Niederlage und einem Wechsel der Farben angezweifelt
Wie man also sieht, befinden wir uns Ende des 14./Anfang des 15. Jahrhunderts in einer etwas chaotischen Umbruchszeit, weshalb es schwierig ist, klare Aussagen über die konkrete Gestaltung der von Frankfurt verwendeten Wappen/Fahnen in einem bestimmten Jahr zu treffen

Die früheste Version des Gemäldes von der Schlacht von Eschborn dürfte einige Jahrzehnte nach der Schlacht, vielleicht um 1420 entstanden sein. Da dies angesichts der dürftigen Quellenlage die einzige Abbildung ist, die ein komplettes Heer unter Fahnen zeigt, bietet es sich an, sich daran zu orientieren. Eine gewisse künstlerische Freiheit ist dem Maler des Gemäldes natürlich zuzugestehen, aber das gilt ja ebenso für uns Figurenmaler

Ich vermute aber, dass die Darstellung auf den Gemälden auch nicht allzu weit von der Realität entfernt sein wird, da es sonst für die Zeitgenossen unglaubwürdig wäre (eines der Gemälde hing/hängt ja in der Burg Kronberg und somit unmittelbar am Sitz einer der beteiligten Kriegsparteien), wenngleich wiederum in mittelalterlichen Darstellungen allgemein eher Symbolik vor Realität ging...
Vor diesem etwas verschwommenem Hintergrund habe ich deshalb entschieden, alle überwiegend städtischen/bürgerlichen Truppen (Schützen, Kontingente der Patrizier), die von den Bürgermeistern in den Kampf geführt wurden, mit den städtischen Symbolen auszustatten (
weißer, einköpfiger, gekrönter Adler), und alle anderen Truppen (z.B. die Söldner), die laut den Quellen von dem Stadtschultheißen angeführt wurden, mit Symbolen zu versehen, die auf das Reich verweisen (
schwarzer, doppelköpfiger Adler). Ein Sonderfall sind die Kontingente der Zünfte, die den Gemälden zufolge wohl mit ihren
Zunftfahnen in die Schlacht zogen (ob das tatsächlich so war oder nur symbolisch gemeint, um den Betrachtern des Gemäldes den Gegensatz "Bürger vs. Fürsten" zu veranschaulichen, weiß ich nicht, es sieht aber cool aus

). Das Ganze ist natürlich alles etwas schematisch gedacht, aber das ist ja bei historischem Tabletop fast immer der Fall
Der weiße Adler in meinem Entwurf ist übrigens der Frankfurter Adler, wie er seit 1936 eingeführt wurde und bis heute verwendet wird. Aber da es von den älteren Versionen keine brauchbaren Abbildungen gibt und er sich auch nicht grundsätzlich von den älteren Versionen unterscheidet (und die Fahnen sowieso nur 1,8 cm hoch sind), fällt das nicht weiter ins Gewicht
