Am 27.08.2024 haben Rainer und ich eine ganz besondere Partie "Age of Hannibal" ausgefochten: Wir haben mit neuen Armeelisten, die ich konzipiert habe, gespielt. Die Originallisten, die dem Regelwerk beigefügt sind, reichen von 500 v. Chr. bis 200 n. Chr. und umfassen acht Nationen. Ich habe diese Listen von der Bronzezeit bis zur Spätantike (und darüber hinaus) um zwölf Nationen erweitert und werde demnächst darüber in einem eigenen Thread berichten bzw. sie zum Download bereitstellen. Mit den neuen Listen kann ich fast alle meiner DBMM-Armeen, von denen ich viele habe, für "Age of Hannibal" einsetzen
Rainer hat die Later Visigoths (420-720 n. Chr.) kommandiert, ich habe die Late Imperial Romans (250-500 n. Chr.) ins Feld geführt. Beide Armeen umfassten 1200 Punkte, darunter jeweils zwei Generäle. Der Figurenmaßstab war 15 mm.
Die Schlacht entfaltete sich in einer überwiegend bewaldeten Landschaft. Im Zentrum bot sich jedoch freies Gelände, das entscheidende Manöver und Bewegungen ermöglichte. (Ich habe als Ergänzung zum Regelwerk ein einfaches System entwickelt, mit dem topografische Regionen bei der Geländeauswahl besser berücksichtigt werden.) Das Gelände wird bei "Age of Hannibal" mit Spielkarten ermittelt, die abwechselnd und vor dem Mitspieler verdeckt gelegt werden.
(1) Die Visigoten traten als Verteidiger zuerst auf das Schlachtfeld. Ihre Formation erstreckte sich in einer langen Linie: Links außen positionierten sich berittene Gardingi (Medium Horse), flankiert von Auxiliartruppen (Light Infantry), die ehemals in römischen Diensten gestanden hatten. Eine weitere kleine Abteilung Gardingi hielt sich in Reserve. Im Zentrum bildeten Speerkämpfer (Spears) die linke Flanke, Bogenschützen (Archers) die rechte, mit zusätzlichen Speerkämpfern in Reserve dahinter. Auf dem rechten Flügel stand die schwere Reiterei, die Bucellarii (Heavy Horse).
Anschließend marschierte die römische Streitmacht auf. Auch sie bildeten eine lange, stellenweise unterbrochene Linie: Auf dem linken äußeren Flügel, am Fuß eines Hügels, stand ein kleiner Verband Equites Sagittarii (Light Horse mit Fernkampffähigkeit, gibt es in den AoH-Originallisten so nicht). Auf dem Hügel nahmen Plänkler (Skirmishers) Aufstellung. Das Zentrum setzte sich zusammen links aus Bogenschützen (Archers), mittig aus den Eliteeinheiten der Auxilia Palatina (Handweapons) und rechts Legionären (Handweapons). Es folgte eine Carroballista, ein mobiles Geschütz (Light Artillery). Auf dem rechten Flügel formierten sich die schwer gepanzerten Catafractarii (Heavy Horse).
Der römische Operationsplan sah einen konzentrierten Angriff mit dem rechten Flügel und Zentrum vor, während der linke Flügel eine defensivere Rolle einnehmen sollte. Die Equites Sagittarii sollten insbesondere den visigotischen Gardingi ausweichen und den Feind aus sicherer Entfernung jenseits des Flusses beschießen.
(2) Die Visigoten eröffneten die Schlacht offensiv, indem sie ihre ganze Armee fast geschlossen vorantrieben. Auf dem rechten Flügel führten sie eine leichte Schwenkung durch, um den potenziellen Versuch einer Umfassung seitens der Römer zu vereiteln.
Die römische Armee folgte ihrem Operationsplan: Die Equites Sagittarii nahmen am Flussufer Stellung, die Equites schlossen die Lücke neben den langsamer vorrückenden Plänklern, während die schwereren Fußtruppen, die Auxilia Palatina und die Legionen, entschlossen auf das gegnerische Zentrum vorrückten. Die Catafractarii galoppierten in Richtung des gegnerischen rechten Flügels, sich dabei mit einem leichten Schwenk ihrem Ziel anpassend. Die Carroballista verzögerte ihren Vormarsch demgegenüber leicht, um ihre überlegene Reichweite auszunutzen.
(3) Die Kontrahenten waren offensichtlich entschlossen, eine schnelle Entscheidung zu suchen - schon bald entbrannten an mehreren Positionen heftige Gefechte. Links gingen die römischen Equites gegen die Auxiliartruppen der Visigoten vor, während die römischen Plänkler vorerst ihre Fernkampffähigkeiten gegenüber dem Nahkampf bevorzugten. Die visigotischen Gardingi preschten vor und griffen die römischen Bogenschützen an, die kaum dazu kamen, ihre Bögen zu nutzen und bereits früh Verluste hinnehmen mussten. Und weitere Gardingi machten sich bereits auf dem Weg zu dieser Position...
Die Linie der Speerträger der Visigoten war unterdessen auf die Auxilia Palatina der Römer geprallt. Die Auxilia Palatina schlugen sich als Elitetruppe zwar wacker, wurden jedoch von den numerisch überlegenen Visigoten überflügelt. Ganz rechts haben die Bucellarii der Visigoten die römischen Catafractarii attackiert, damit den Römern hier ihren Angriffsbonus vereitelnd.
An anderen Stellen bestimmten Fernkämpfe die Gefechte: Ganz links beschossen die Equites Sagittarii von jenseits des Flusses ihre Ziele; im Zentrum wurden die Legionäre vom effektiven Pfeilhagel der visigotischen Bogenschützen, die inzwischen wieder in die Linie zurück geschwenkt waren, getroffen; rechts davon suchte sich die Carroballista beständig ihre weit entfernten Ziele, enttäuschte aber durch unzureichende Treffer.
(4) In dieser Phase der Schlacht setzten sich die begonnenen Kämpfe fort und wurden durch neue verstärkt. Die römische Armee geriet dabei zunehmend in Bedrängnis. Links wurden ihre Equites und Bogenschützen von den berittenen Gardingi der Visigoten allmählich aufgerieben. Im linken Zentrum schlugen sich die Auxilia Palatina noch tapfer gegen die numerisch überlegenen visigotischen Speerkämpfer, immer weiter eingekesselt. Auch im rechten Zentrum wurde nunmehr gekämpft, als die Legionäre auf Teile der Bogenschützen der Visigoten sowie auf deren aus der Reserve stammende Speerkämpfer trafen. Ganz rechts wurden die Kämpfe zwischen den römischen Catafractarii und den Bucellarii der Visigoten teilweise fortgesetzt, teilweise entbrannten neue Kämpfe, als die Catafractarii auf hierhin beorderte Speerkämpfer trafen - wobei sie ihren Angriffsbonus endlich einmal ausnutzen konnten.
Unterdessen setzten die Equites Sagittarii ganz links außen ihren Beschuss auf ihre Kontrahenten fort. Dieser erwies sich jedoch fortdauernd als weniger gefährlich denn aus Sicht der Visigoten befürchtet, was letztere schließlich dazu bewog, ihre Gardingi mutig ins Schussfeld vorzuziehen, um demnächst die römischen Plänkler attackieren zu können. Die römische Carroballista operierte weiterhin ohne entscheidenden Einfluss auf das Geschehen.
(5) Das Ende der Schlacht. An einigen Stellen wurde noch gekämpft, doch die römische Armee war zu diesem Zeitpunkt weitgehend dezimiert.
Die Equites Sagittarii der Römer waren in dieser Lage entschlossen, ihre Stellung hinter dem Fluss aufzugeben und sich statt Fernkampfes in ein letztes verzweifeltes Gefecht zu stürzen, mit der Gelegenheit, einen nahen Verband Gardingi hart zu flankieren. Die römischen Auxilia Palatina wehrten sich tapfer und waren noch nicht geschlagen, trotz Attacken von mehreren Seiten. Weiter rechts hatten sich eine Einheit römischer Catafractarii und eine Einheit Bucellarii der Visigoten seit ihrem ersten Zusammenprall regelrecht festgebissen und kämpften weiter - mit Unterstützung ihrer jeweiligen Generäle, die bei den Einheiten lokalisiert waren -, aber letztlich würden die Römer hier aufgrund der nunmehr bestehenden numerischen Unterlegenheit auch auf diesem Flügel den Kürzeren ziehen. Die römische Carroballista war jetzt auch in die Reichweite der visigotischen Bogenschützen geraten, aber das war nicht mehr als eine Randnotiz, war doch die römische Armee an anderen Orten bereits zusammengebrochen:
Die Plänkler links konnten dem schlussendlich erfolgten Angriff der Auxiliartruppen der Visigoten nicht standhalten, rechts daneben waren auch die Equites und Bogenschützen zerschlagen. Im rechten Zentrum haben sich die Legionäre trotz mutigem Einsatz als überraschend unterlegen gegenüber ihren Kontrahenten erwiesen - sie waren tatsächlich nicht mehr auf der Höhe ihrer republikanischen und frühkaiserzeitlichen Vorgänger! Auch ganz rechts außen mussten sich die römischen Catafractarii geschlagen werden.
Die Moraluhr zeigte 7 zu 3 für die Visigoten (sie begann für beide Armeen mit einem Startwert von 9), und die Schlacht wurde für beendet erklärt.
Die beiden Ergänzungslisten haben sich als sehr spielbar erwiesen und machten viel Spaß! Diese Erweiterung auf die Spätantike wertet das Regelwerk in meinen Augen noch einmal enorm auf. Leider hat sich das Kampfpech der Römer anscheinend über die Jahrhunderte fortgesetzt, denn wie schon im letzten Spiel (republikanische Römer gegen Karthager) würfelten sie durchweg mieser als ihre Kontrahenten. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Visigoten ihre taktischen Möglichkeiten besser ausschöpfen konnten.
[Age of Hannibal] Jensinions Late Imperial Romans vs Rainers Later Visigoths
- Jensinion
- Vereinsmitglied
- Beiträge: 576
- Registriert: Mo 22. Okt 2018, 18:13
- Spielsysteme: DBMM, DBA, Age of Hannibal, Strength & Honour, Lost Battles, Lion Rampant, Eagles of Empire, Warcry, By Fire and Sword (in Vorbereitung), Shakos & Bayonets (in Vorbereitung), Gangs of Rome (in Vorbereitung), Scouts Out! (am Liebäugeln)
- Wohnort: Frankfurt am Main
- Kontaktdaten: